LateNightyGram #1

Spät in der Nacht, nicht schlafen können weil sich die Gedanken des Tages nicht abstellen lassen. So ist das bei mir seit einiger Zeit immer wieder. In meinen LateNightyGrams schreibe ich auf was mir im Kopf herumgeht, ein Selbstgespräch mit meinem Blog zu später Stunde.

Vor ein paar Jahren habe ich einen Beitrag in irgendeiner österreichischen Nachrichtensendung gesehen, es war eines dieser Magazine wie ECO, Thema oder Report, keine Zeit im Bild. Ganz genau kann ich mich nicht mehr erinnern, vor allem weiß ich nicht mehr was genau der Aufhänger dieses Segmentes war. An was ich mich aber erinnern kann, ist eine junge Unternehmerin und Wirtschaftskammer-Funktionärin, die die Annahme vertrat, dass jeder der nur wirklich will, der fleißig ist und strebsam, alles erreichen kann – wenn er oder sie nur bereit ist „die Extra-Meile“ zu gehen.

Diese „Extra-Meile“ hat sie dann in ihren kurzen Textbeiträgen gefühlt in jeden Satz eingebaut und den Einwand der Interviewerin, dass es Menschen gibt, die vielleicht gar nicht die Wahl haben „Extra-Meilen“ zu gehen, hat sie unwirsch mit weiteren wirtschaftsliberalen Floskeln weggewischt. Ich hab dann umgeschaltet, nicht aus Desinteresse sondern weil ich mich mit jedem Satz aus ihrem Mund unwohler gefühlt habe.

Meine Tasche mit allen Dingen, die ich brauche um mit dem nächsten Zug ins Abenteuer abzufahren.

Denn zwischen ihren Wortspenden wurden immer wieder genau diese Menschen gezeigt, die keine „Extra-Meile“ gehen können, weil sie 24 Stunden am Tag damit beschäftigt sind zu überleben. Die jede Menge „Meilen machen“ um ihre Kinder oder ihre pflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen. Die seit Jahren „meilenlange“ Bewerbungsschreiben verschicken und nur Absagen bekommen.

An diese Floskel und auch die Menschen, die sie gerne verwenden, muss ich in letzter Zeit wieder öfter denken. Wahrscheinlich weil die Dichte der Kommunikatoren zunimmt, die ausschließlich kontrollierte Worthülsen ausstoßen, die sich nicht für die Menschen interessieren, über die sie sprechen, die sich nur dafür interessieren, genau die Message zu loszuwerden, die ihre Agenda transportiert.

Eine Armee der sprachpolierten blauen Slim-Fit-Anzüge, ganze Kompanien von schmalkrawattigen Haifischkragen-Renommisten, die sich als Teil der Familie fühlen.

Aber irgendwann werden wir die schon wieder los. Wir, die sinnlosen Nebochanten, die „Kilometa mochn“ statt „Extra-Meilen gehen“, haben schon ganz andere Typen gegen Wände fahren sehen.


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